Grundschule mit Zweifeldsporthalle Bad Essen

Wettbewerb 2024/25 Anerkennung

EINE SCHULE IM LANDSCHAFTSRAUM

Der Neubau für die Grundschule und Sporthalle in Bad Essen nimmt Bezug auf den umliegenden Natur- und Landschaftsraum. Eingebettet in einen Hain aus Bäumen tritt der flach ausgerichtete, 2-geschossige Baukörper subtil in Erscheinung, ohne den Ort zu dominieren. Leitmotiv unseres Entwurfes ist ein freiliegendes Tragwerk aus massiven Holzstützen, die eine natürliche Verbindung zur Landschaft schafft. Analog zu dicht stehenden Baumstämmen im Wald erzeugt die Tragstruktur einen einzigartigen Ort der Ruhe und Geborgenheit. Innenhöfe und Deckenöffnungen schaffen Atmosphären, die an Waldlichtungen erinnern und den Schülerinnen und Schülern eine besondere Identifikation mit ihrer Schule ermöglichen. Die Natur ist integrativer Bestandteil der Schule und fördert das Umweltbewusstsein der Schülerinnen und Schüler.

 

EINE MULTIFUNKTIONALE HALLE ALS ZENTRUM DER SCHULE

Das Herzstück der Schule bildet die Sporthalle, die zugleich als überdachter Pausenhof genutzt werden kann. Ein robuster Bodenbelag erlaubt eine vielseitige Nutzung, etwa für Schulfeiern und Großveranstaltungen. So entsteht ein multifunktionaler, informeller Treffpunkt in den Pausen, ein Versammlungsort, Aufführungs- und Vortragsort, Festplatz als zentraler Ort einer lebendigen Schulkultur. Die einzelnen Schulcompartements gruppieren sich um diesen zentralen Luftraum und profitieren von der gemeinsamen Mitte.

 

RÄUMLICHE VERNETZUNG

Der Baukörper öffnet sich zu allen Himmelsrichtungen und verknüpft Innen- und Außenraum miteinander. Das Dach und die vorgelagerte Stützenstruktur binden die verschiedenen Gebäudebereiche zu einer organischen Einheit zusammen. Wie eine raumhaltige Schicht entsteht so ein qualifizierter Schwellenraum der mit seiner „Wirkungsmacht“ als aneigenbarer Zwischenbereich für ein breites Spektrum von Zwecken in Besitz genommen werden kann. In diesem Dazwischen koexistieren die Aspekte des Öffentlichen und Privaten. Als Raum gegenseitiger Durchdringung und Überlappung übt dieser Raumbereich eine relativierende korrigierende zuweilen auch subversive Wirkung aus. Das Poröse des Dazwischen fungiert als erweiterter Fassadenraum für Rückzug und Interaktion. Im Längsblick entsteht durch die optische Verkürzung der Interkolummnien der Eindruck eines geschlossenen Innenraumes bei dem die Passanten durch die aus Stützen gebildete Wand unversehens eintreten. Der Vorplatz und der Pausenhof gehen nahtlos in das Gebäude über. Zwei begrünte Innenhöfe stellen den Bezug zur umgebenden Landschaft her.  

 

DURCHWEGUNG UND SCHALTBARKEIT

Ein umlaufender Gang rings um die Sporthalle verbindet alle Nutzungseinheiten miteinander. Durch die Galerie versammelt sich das ganze Haus um die Halle. Die Koppelung horizontaler- und vertikaler Raumverbindungen lässt sich auf vielfältige Art variieren. Die Sporthalle und der Pausenhof sind bereits vom Vorplatz aus einsehbar und tageslichtbasierte Orientierung ist jederzeit gegeben. Im Bereich der Aula weitet sich der Umgang zu einem Foyer. Eine Schiebewand ermöglicht die flexible Verbindung zwischen Aula, Foyer und Sporthalle sowie Mensabereich. Bei außerschulischen Sportveranstaltungen kann der Schulbereich durch Glastüren abgetrennt werden. Die Kreismusikschule, Bücherei und der Ganztagsbereich sind direkt von außen zugänglich, ohne den Schulbereich zu queren.

 

KOMPAKTHEIT UND EFFIZIENZ

Die zentrale Platzierung der Sporthalle minimiert die Hüllflächen und optimiert die Energieeffizienz. Nebenräume ohne Tageslicht werden kompakt in der Gebäudetiefe angeordnet. Eine klare Grundrissorganisation mit vier Treppenräumen und geringen Verkehrsflächen sorgt für eine effiziente Ausnutzung des Grundstücks. Ein Untergeschoss ist nicht erforderlich. Die moderate Gebäudehöhe von ca.9 Metern orientiert sich an der umliegenden Bebauung.

KREISMUSIKSCHULE

Die Kreismusikschule ist direkt vom Vorplatz aus zugänglich und keinem spezifischem Lernbereich zugeordnet. Um die Mitnutzung der Differenzierungsräume auszugleichen, sind die Unterrichtsräume etwas größer dimensioniert. Optional stehen der Musikraum und Teile der Aula zur Verfügung.

 

NEUE LERN- UND LEHRKULTUR: LERNOASEN UND FELDMITTEN

Das Schulhaus ermöglicht einen niederschwelligen Wechsel zwischen Orten und Phasen der Konzentration sowie der Regeneration und Inspiration. Dies gelingt durch ein fein ausdifferenziertes Angebot an Aufenthalts- und Erholungsbereichen sowohl innerhalb einzelner Funktionsbereiche als auch am Schulstandort einschließlich der Aussenbereiche. Die wachsende Bedeutung des informellen Lernens im Rahmen heute zunehmend kompetenzorientierter Lernprozesse zum Erwerb von Methodenkompetenz , bei denen Aktivitäten, Emotionen, Kognitionen und Situationen auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sind, erfordert Räume die dem breiten Spektrum an zeitgemäßen Lehr- und Lernmethoden Rechnung tragen und einen unkomplizierten Wechsel zwischen Instruktion, Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Präsentation von Lernergebnissen und Reflexion von Lernprozessen ermöglichen. Hierfür stellt der Entwurf des Schulbaukörpers das räumliche Konzept einer natürlich belichteten frei bespielbaren und vielfältig adaptierbaren räumlichen Lernmitte zur Verfügung. Um diese gemeinsame pädagogische Mitte gruppieren sich unterschiedliche Raumbereiche mit einem vielschichtigen Set an Arbeits- Besprechungs- und Erholungsräumen sowie Räume zu Integration anderer Bildungsträger.

 

BRANDSCHUTZKONZEPT

Durch eine lediglich 2-geschossige Bauweise kann die vorgeschlagene Holzkonstruktion ohne brandschutztechnische Kapselung einfach und sichtbar, d.h. „erlebbar“ ausgeführt werden. Die 4 Jahrgangscluster im 1.OG erhalten jeweils 2 unabhängige Fluchtwege, der 1.Fluchtweg führt über die Halle, der 2.Fluchtweg über ein abgetrenntes Fluchttreppenhaus mit direktem Ausgang ins Freie. Die offen geführten Treppen im Bereich der Sporthalle sind lt. Schulbaurichtlinie als Treppenhalle und Teil eines eigenen Brandabschnittes zu deklarieren. Die Trennwände zwischen der Treppenhalle und den Nutzungseinheiten/Klassenzimmer werden feuerbeständig in F90 ausgeführt, die Türen in T30-Qualität, Glasausschnitte in F30-Qualität. Durch die zweigeschossige Bauweise kann die Holzkonstruktion ohne zusätzliche brandschutztechnische Verkleidung sichtbar ausgeführt werden. Die vier Jahrgangscluster im Obergeschoss verfügen über zwei unabhängige Fluchtwege: einen über die Sporthalle und einen über ein separates Treppenhaus mit direktem Ausgang ins Freie. Die offen geführten Treppen innerhalb der Sporthalle sind gem. Schulbaurichtlinie als Treppenhalle und eigenständiger Brandabschnitt ausgeführt. Die Trennwände zwischen Treppenhalle und Unterrichtsräumen bestehen aus feuerbeständigem Material (F90), Türen in T30-Qualität, Glasausschnitte in F30-Qualität.

 

EIN ÖKOLOGISCHES LEUCHTTURMPROJEKT

Der Neubau versteht sich als gelungene Balance aus den wichtigsten Anforderungen an Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und architektonischem Anspruch. Die Bauart mit überwiegend natürlichen Materialien und die intensive Bepflanzung der Außenanlagen macht die Schulanlage zu einem nachhaltigen Vorzeigeprojekt.

 

ENERGIEKONZEPT – NACHHALTIGKEIT - REGENWASSER

Die robuste Grundstruktur des Gebäudes soll eine möglichst lange Nutzungsdauer ermöglichen. Es werden ausschließlich natürliche Materialien aus der Region eingesetzt. Es erfolgt eine klare Systemtrennung von Rohbau und Ausbau. Die Befestigung aller baukonstruktiven Einbauten erfolgt demontierbar mittels verdeckt ausgeführter Schraubverbindungen. Alle Baustoffe können sortenrein voneinander getrennt und wiederverwendet werden. Verbundstoffe werden nach Möglichkeit vermieden. Die repetitive Struktur der Fassade und der Einsatz von vorfabrizierten, modularen Decken- und Wandsystemen garantieren eine optimierte wirtschaftliche Bauweise. Auf der Dachfläche sind PV-Anlagen optisch in die Architektur der Shed-Oberlichter integriert um den Eigenbedarf an Strom zu decken. Die Installierbarkeit der technischen Gebäudeausrüstung ist einfach gehalten und erfolgt losgelöst von der Gebäudearchitektur. Sämtliche Niederschläge verbleiben auf dem Grundstück. Eine direkte Ableitung in die öffentliche Kanalisation ist nicht vorgesehen. Ein Anteil der Niederschläge soll dort, wo möglich, oberflächig in den Vegetationsflächen über die belebte Bodenzone versickert werden. Weiterhin ist mit entsprechend zu dimensionierenden Speichereinrichtungen (Zisternen), die Nutzung als Brauchwasser vorgesehen. Alle unterbauten Flächen werden zusätzlich als Retentionsdächer ausgebildet, um die notwendigen Rückhaltevolumina gem. DWA-A138 bzw. DIN EN 1986-100 auch im Überflutungsfall sicherzustellen. Die zurückgesetzte Fassadenebene im Dachgeschoss sowie die Dachflächen werden intensiv begrünt und begünstigen das Mikroklima.

 

WIRTSCHAFTLICHKEIT

Das Gebäude wird aus vorfabrizierten, modularen Holzbauelementen errichtet, basierend auf einem durchgängigen Ausbauraster. Durch den umlaufenden Regelachsabstand in Quer- und Längsrichtung von 2-4m wird ein signifikanter Wiederholungsgrad für den zum Einsatz kommenden übersichtlichen Bauteilkatalog geschaffen sowie gleichzeitig die Grundlage für einen stringenten und klaren Lastabtrag. Eine Unterkellerung ist nicht vorgesehen. Notwendige raumlufttechnische Anlagen für die Aula, Mensa und Sportbereiche werden in offener Bauweise kosteneffizient auf den Dachflächen platziert. Die optimierte Hüllfläche und der kompakte Baukörper sorgen für eine wirtschaftliche Bauweise.

 

VERKEHRSKONZEPT

Der motorisierte Verkehr mit Anlieferungszone und Müllabfuhr erfolgt ausschließlich an der Ostseite des Gebäudes. Der Vorplatz bleibt dem Fußgängerverkehr vorbehalten mit einer angrenzenden Bringzone für „Eltern -Taxis“. Für den Vereinssport und außerschulische Veranstaltungen stehen 62 PKW-Stellplätze zur Verfügung. Die Aufstellfläche für die Feuerwehr erfolgt überlagernd am Wendehammer der Schüler- Bringzone. Die Fuß- und Radverbindung erfolgt westlich entlang des Sportplatzes. Der bestehende Trampelpfad wird zu einem befestigten Weg ertüchtigt. Entlang des Radwegs werden 80 Fahrradstellplätze zur Verfügung gestellt.Alle Erschließungs- und Aufenthaltsflächen im Außenbereich sowie auch alle Gebäudeteile sind barrierefrei erreichbar. Die Hauptwege, sowie die Stellplätze sind beleuchtet, sodass keine Angsträume entstehen.

 

FREIFLÄCHENGESTALTUNG

Der Freiraum entwickelt zusammen mit der Architektur eine gestalterische und thematische Einheit. Dabei wird mit Hilfe einer naturnahen Waldentwicklung über das Material Holz eine starke Verbindung zwischen Freiraum und Architektur hergestellt. Es entsteht eine klare und zugleich sinnliche Identität. Zentrales Element ist ein atmosphärisch dichter Freiraum, der neben vielfältigen Angeboten auch umweltrelevante Themen der Naturerfahrung und Naturbildung, mit positiven Klimaeffekten, wie z.B. Versickerung, Verdunstung oder CO2-Speicherung spielerisch kombiniert. Der vorhandene Baumbestand am Sportplatz wird durch Neupflanzungen ergänzt und mit Laub- und Nadelbäumen kombiniert. Die Baumpflanzungen verdichten sich zu den Rändern des Grundstücks und bilden einen Puffer zu den angrenzenden Flächen der Kita und Wohnbebauung. Im Süden wird eine öffentlich zugängliche Streuobstwiese angelegt.

Die befestigten Flächen sind geprägt durch ein stringentes Raster aus großformatigen Betonwerksteinplatten. Innerhalb des Rasters werden Felder ausgespart für begrünte Inseln mit Sitzbänken, sowie kleinteilige Plattenbeläge mit Rasenfugen, welche sich zu den Rändern hin verdichten. Im Anschluss an den Busbahnhof spannt sich als Entree ein großer Vorplatz auf, der durch großzügige Grüninseln aufgelockert wird. Der Vorplatz übernimmt die Verteilerfunktion, das Ankommen und den Aufenthalt für Schülerinnen und Schüler mit integrierten Sitzelementen. Der übersichtliche und klar abgetrennte Schulhofbereich beinhaltet intensive Spielbereiche, eine Sandspielfläche mit einem Grossspielgerät (Klettern & Rutschen), eine Multifunktionsfläche für diverse Ballspiele, ein Balancespiel, Trampoline, ein Schulgarten mit essbarem Obst, ein grünes Klassenzimmer, eine Ruhezone mit Hängematten unter Bäumen, sowie naturnahes Spielen mit einer robusten Bepflanzung und Findlingen. Der Schulhofbereich ist in die nach Süden ansteigende Topografie eingebettet und bildet dadurch eine natürliche Abgrenzung, welche durch eine dichte Bepflanzung unterstützt wird. Die obligatorische «Einzäunung» tritt dabei in den Hintergrund. Die Entwässerung erfolgt auf dem Grundstück in Form von Versickerungsmulden und ggf. Rigolen. Es werden abwechslungsreiche Sitzgelegenheiten mit verschiedenen Sitzanordnungen angeboten (kommunikatives Sitzen auf Sitzbank- Kombinationen für Gruppenarbeit/ Hausaufgaben, einzelnes Sitzen auf Bänken und oder Blöcken oder sitzen nebeneinander auf Sitzpodesten). Um ein spannendes, motorisch anregendes und abwechslungsreiches Angebot zu schaffen, werden mehr als fünf unterschiedliche Spiel- und Sportmöglichkeiten angeboten. Eine Vielzahl unterschiedlicher Aufenthaltsqualitäten und Sitzplätze unter Bäumen gewährleisten eine ausreichendes Maß an Verschattung. Zudem sind auch Sitzplätze vorhanden, die ganzjährig besonnt werden. Im Hinblick auf den Bauprozess werden nur Hölzer aus heimischen Baumarten verwendet und Betonbauteile werden aus Recyclingbaustoffe hergestellt. Bei Pflasterungen wird auf Versickerungsmöglichkeit für Regenwasser geachtet. Es wird ein Pflaster mit einer hohen Versickerungsleistung und Verdunstungsrate bevorzugt. Die Skaterfläche ist als Fortsetzung des «urbanen» Vorplatzes westlich der Schule geplant und soll diesen beleben, insbesondere nach Schulschluss. Der Pumptrack wird im Süden zwischen Schule und Wohnbebauung platziert und soll in die Streuobstwiese optisch eingebettet werden.

Auslober: Gemeinde Bad Essen

Architekt:  Moeller Soydan

Landschaft: Uniola Berlin

Brandschutz: KLW-Ingenieure GmbH

Standort: Schulallee, 49152 Bad Essen

Zurück
Zurück

Haus des Bürgers Simmerath

Weiter
Weiter

Neubau Otto-Schott-Gesamtschule Witten 4. Preis